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Was ist Angewandte Geophysik?

 

Die Arbeitsgruppe von Prof. Bülent Tezkan beschäftigt sich mit der Angewandten Geophysik. Im engeren Sinne versteht man darunter ein Arbeitsgebiet, bei dem mit Hilfe geophysikalischer Messmethoden die Suche nach Lagerstätten von nützlichen Rohstoffen wie Öl und Gas oder auch Metallerzen in den oberen 10 km der Erdkruste durchgeführt wird. Dazu gehöhren auch die immer wichtiger werdenden Anwendungen in der Umweltgeophysik, wo im Zusammenhang mit Deponie- und Altlastenerkundung und Fragestellungen des Grundwassers die oberen 100 m sondiert werden. Die Ingenieurgeophysik zur Vorbereitung großer Baumaßnahmen gehört ebenso dazu.

Obwohl die Angewandte Geophysik in diesem engeren Sinne definiert ist, wird angewandte Forschung natürlich in allen Gebieten der Geophysik durchgeführt - von der Luftchemie bis zur Seismologie, um nur zwei Beispiele zu nennen.

Die Angewandte Geophysik benutzt zu Erkundungszwecken

  • künstlich erzeugte seismische Wellen in der Seismik,
  • Schwereanomalien durch Störungen der Gesteinsdichte in der Gravimetrie
  • und die Magnetisierung der Gesteine in der Magnetik.

Bei sogenannten geoelektrischen und elektromagnetischen Verfahren wird die elektrische Leitfähigkeitsverteilung erkundet und daraus werden Schlüsse über die geologische Struktur des Untergrundes gezogen (Deponiegrenzen etc). Angewandte Geophysik führt man mittels Feldmessungen durch, bei denen flächenhaft oder längs Messprofilen auf der Erdoberfläche oder aber auch von Bohrlöchern aus gemessen wird. Je nach Messmethode und Messziel können die Feldmessungen auch vom Flugzeug oder Hubschrauber aus durchgeführt werden. Ebenso werden Messungen vom Schiff aus durchgeführt. Bei der Interpretation dieser Messungen arbeitet der Geophysiker eng mit dem Geologen zusammen.

Am Institut für Geophysik und Meteorologie der Universität zu Köln werden elektromagnetische Methoden entwickelt und weiterentwickelt, die sich bei vielen Fragestellungen der Lagerstättensuche, des Managements von Öl- und Gasreservoiren und besonders bei der Sondierung von Altlasten als viel versprechend erwiesen haben. Aus dem breiten Spektrum der Methoden wird einmal die Magnetotellurik angewandt, bei der man durch Messung langsam variierender natürlicher elektrischer und magnetischer Felder die oberen Schichten der Erde bis zu mehreren Zehner Kilometern Tiefe sondieren kann. Für Tiefen bis zu einigen Kilometern - in speziellen Fällen bis 25 km - kann die LOTEM-Methode (LOTEM = long-offset transient electromagnetics) verwendet werden. Dabei werden die Transienten, d.h. die vorübergehenden Magnetfeldstörungen gemessen, die bei der Umpolung starker Ströme (bis 100 Ampere) entstehen, die über Elektroden im Abstand von Kilometern in den Boden gespeist werden. Weiter nach geringen Tiefen vorangehend wird am Institut die Radiomagnetotellurikmethode (RMT) weiterentwickelt, mit der sich die oberen Meter des Untergrundes bis ca. 20 m sondieren lassen. Diese Methode hat bei Sondierung von Deponien und Altlasten bereits sehr schöne Ergebnisse geliefert und benutzt zur Anregung kommerzielle Längstwellensender, die für Zwecke der Nachrichtenübertragung u.a. zur Verfügung stehen. Schließlich kann für die oberen Meter - manchmal auch wesentlich tiefer - die Geo-Radar-Methode eingesetzt werden, mit deren Anwendung am Institut begonnen wurde.

Hauptschwerpunkt des Instituts bei den erwähnten Methoden ist die Weiterentwicklung der Feldmessverfahren, von Methoden der Datenauswertung und Datendarstellung. Hier liegt selbst bei geophysikalischen Methoden mit bereits lange vorhandenem Instrumentarium ein beträchtlicher Handlungsbedarf, da der Übergang vom Labor zur Feldmessung bei den Instrumenten und von der Programmentwicklung zur Feldanwendung von Software in den meisten Fällen alles andere als einfach oder naheliegend ist.